Ultraschall zur Früherkennung von Prostatakrebs
Arztgruppe | Urologie |
Bereich | Prostata |
IGeL
Prostatakrebs ist bei älteren Männern häufig. Für die Früherkennung von Prostatakrebs werden vor allem drei Möglichkeiten angeboten: Abtasten, Ultraschall und PSA-Test. Wenn eine der Untersuchungen einen auffälligen Befund ergibt und dieser Verdacht abgeklärt werden soll, sind die Untersuchungen Kassenleistung. Zur Früherkennung selbst ist nur das Abtasten Kassenleistung. Ultraschall und PSA-Test müssen zur Früherkennung selbst bezahlt werden. Für die Ultraschall-Untersuchung der Prostata schiebt die Ärztin oder der Arzt eine etwa fingerdicke, stabförmige Ultraschallsonde über das Rektum bis zur Prostata, weshalb diese Form der Untersuchung „transrektaler Ultraschall“, kurz TRUS, genannt wird. Eine transrektale Ultraschall-Untersuchung der Prostata kostet in der Regel zwischen 20 und 60 Euro.
Gesundheitsproblem
Prostatakrebs ist weit verbreitet. Er ist mit 14.000 Todesfällen hinter dem Lungenkrebs die zweithäufigste Krebstodesursache der Männer. Prostatakrebs betrifft vor allem ältere Männer: Er wird im Durchschnitt mit 71 Jahren festgestellt. Da er zudem meist langsam wächst, sterben viele Prostatakrebs-Patienten nicht an ihrem Krebs, sondern an etwas anderem. So kommt der Prostatakrebs bei Männern unter 65 Jahren bei der Häufigkeit der Todesursachen erst an 24. Stelle.
Seit 1980 hat sich die Zahl der jährlich neu entdeckten Prostatakrebsfälle verdoppelt. Ein Grund dafür ist die älter werdende Bevölkerung: Immer mehr Männer kommen in das Alter, in dem dieser Krebs hauptsächlich auftritt. Hauptursache für den starken Anstieg der entdeckten Krebsfälle ist jedoch der PSA-Test, der ebenfalls als IGeL zur Früherkennung von Prostatakrebs angeboten wird.
Ergibt eine Früherkennungsuntersuchung mit Ultraschall einen Verdacht, wird die Ärztin oder der Arzt wahrscheinlich zu einem PSA-Test raten, und empfehlen, eine Gewebeprobe aus der Prostata zu entnehmen. Dafür werden aus der Prostata mit einer langen Nadel neben einander mehrere dünne Gewebezylinder herausgestanzt und unter dem Mikroskop auf Krebszellen untersucht.
Bestätigt die Gewebeprobe den Krebsverdacht, gibt es je nach Größe und Aggressivität des Tumors mehrere Möglichkeiten: Man kann abwarten, wie sich der Krebs weiter entwickelt, man kann die komplette Prostata operativ entfernen, man kann den Krebs bestrahlen oder auch mit Hormonen behandeln, die die Bildung des männlichen Geschlechtshormons Testosteron blockieren.
Methode
Ultraschall-Untersuchungen werden in der Medizin sehr häufig eingesetzt. Bei diesem sogenannten bildgebenden Verfahren können mit Hilfe von Ultraschallwellen Körperstrukturen wie Organe oder Blutgefäße sichtbar gemacht werden. Schallwellen werden ausgesendet und von den verschiedenen Geweben unterschiedlich stark reflektiert. Aus den zurückgesendeten Schallwellen wird nahezu in Echtzeit ein zweidimensionales Bild berechnet. Vorteile des Ultraschalls sind, dass er in der Regel schnell anwendbar ist und ohne Röntgenstrahlung funktioniert. Ultraschallwellen gelten zudem als risikoarm.
Ultraschall dient bei verschiedenen Beschwerden zu einer ersten schnellen Orientierung, als zusätzliche Diagnosemethode, zur räumlichen Kontrolle bei Gewebeentnahmen und zur Nachsorge.
Je näher der Schallkopf an das Organ, das untersucht werden soll, herangebracht wird, desto exakter kann es dargestellt werden. Der Schallkopf kann also entweder außen auf den Körper aufgelegt werden, wie etwa bei der Untersuchung der weiblichen Brust oder der Halsschlagader. Der Schallkopf kann aber auch in Körperöffnungen eingeschoben werden, wie etwa beim transvaginalen Ultraschall der Eierstöcke oder beim transrektalen Ultraschall der Prostata.
Empfehlungen anderer
Es wurde nur eine Leitlinie zum Thema gefunden: Die qualitativ hochwertige, aktuelle „Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms“ vom Dezember 2016 rät generell von einer Früherkennung mithilfe „bildgebender Verfahren“ ab. Zu diesen Verfahren gehört auch der Ultraschall. Wörtlich heißt es: „Für die Früherkennung eines Prostatakarzinoms sind bildgebende Verfahren nicht geeignet.“
Bewertung
Nutzen
Der Ultraschall der Prostata zur Krebsfrüherkennung wäre nützlich, wenn dank der Untersuchung weniger Männer an einem Prostatakrebs sterben würden.
Es wurden keine Studien gefunden, die diesen möglichen Nutzen untersucht haben.
Wir sehen folglich keine Hinweise auf einen Nutzen.
Schaden
Der Ultraschall der Prostata zur Krebsfrüherkennung wäre schädlich, wenn die Untersuchung direkt oder indirekt zu Gesundheitsschäden führen oder die Lebensqualität der Männer beeinträchtigen würde.
Es wurden keine Studien gefunden, die diese möglichen Schäden untersucht haben.
Aus Studien mit anderen Fragestellungen weiß man, dass die Ultraschall-Untersuchung selbst nicht schädlich ist.
Ebenfalls aus anderen Studien sind indirekt Schäden bekannt, die höchstwahrscheinlich auch beim transrektalen Ultraschall zur Prostatakrebs-Früherkennung auftreten:
- Die Untersuchung kann, wie jede Früherkennungsmaßnahme, Fehlalarme auslösen. Dass ein verdächtiger Ultraschallbefund ein Fehlalarm ist, kann unter Umständen erst durch eine Gewebeprobe festgestellt werden. In vielen Fällen findet die Gewebeprobe keine Krebszellen. Die Männer sind dann zwar erleichtert, für die Gewebeprobe müssen jedoch Zellen aus der Prostata herausgestanzt werden. Das kann zu Komplikationen wie Infektionen, Blutungen und Schmerzen führen.
- Ein weiterer möglicher Schaden kann dadurch entstehen, dass die Untersuchung Tumore übersieht. So besteht nach einem unauffälligen Ultraschallbefund die Gefahr, dass Patienten Warnzeichen des Körpers nicht ernst nehmen und deshalb unnötig spät mit einer Behandlung beginnen.
- Der größte Schaden entsteht vermutlich durch die so genannten Überdiagnosen und Übertherapien: Der Ultraschall findet viele Tumore, die zeitlebens nicht auffällig geworden wären, wenn man nicht nach ihnen gesucht hätte. Man weiß aber nicht, welchen Mann das im Einzelfall betrifft. So werden als Folge des Ultraschalls äußerlich gesunde Männer, bei denen der gefundene Tumor niemals aufgefallen wäre, als Krebspatienten behandelt, was zum Teil gravierende Nebenwirkungen mit sich bringen kann: Hormonbehandlungen können den Knochenabbau beschleunigen und zu Impotenz führen, Operationen und die Bestrahlung können ebenfalls zu Impotenz sowie zu Inkontinenz führen. Die Angaben darüber, wie oft diese schwerwiegenden Nebenwirkungen auftreten, schwanken erheblich.
Da diese indirekten Schäden nicht durch Studien zum transrektalen Ultraschall belegt, aber wahrscheinlich sind, sehen wir keine Belege, aber immerhin Hinweise für Schäden.
Fazit
Wir bewerten den Ultraschall der Prostata zur Krebsfrüherkennung mit „tendenziell negativ“. Es wurden keine Studien gefunden, die Nutzen und Schaden des Ultraschalls für eine Früherkennung untersucht haben. Wie man aus anderen Studien indirekt schließen kann, ist ein Nutzen auch nicht wahrscheinlich, Schäden sind es jedoch schon. Als die größten Schäden gelten die Nebenwirkungen, die unnötige Behandlungen mit sich bringen.
Im direkten Vergleich ist der PSA-Test dem Ultraschall vorzuziehen, auch wenn beide im IGeL-Monitor mit „tendenziell negativ“ bewertet werden. Der PSA-Test hat im Gegensatz zum Ultraschall in Studien zeigen können, dass er einen Teil der Männer davor bewahren kann, an Prostatakrebs zu sterben. Wir bewerten den PSA-Test dennoch mit „tendenziell negativ“, weil wir die möglichen Schäden stärker als den Nutzen gewichten.